Wochenimpuls

Predigt 33. So. i. JK B; Volkstrauertag

Dan 12,1-3 + Mk 13,24-32

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!

Ich gehe mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir … Ich habe am 11. November, am Martinstag in Schwarzenbach/S. eine kleine Gruppe von Eltern und Kindern gesehen, die mit ihren Laternen durch die Dunkelheit der Nacht gelaufen sind, und ich habe sie singen hören: Da oben leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir. Diese Liedstrophe hat mich nachdenklich gemacht: Kerzen und Laternen leuchten in der Nacht und am Himmel leuchten die Sterne. Auch Martin leuchtet – und durch ihn leuchtet Jesus Christus hindurch: seine Liebe und Menschenfreundlichkeit hat in Martin ein Gesicht und im geteilten Mantel ein Symbol der Nächstenliebe. Martin ist der „Star“ – er leuchtet durch Jesus Christus „das Licht der Welt“ (Joh 8,12; 9,5; 12,46). Als Heiliger ist Martin somit leuchtendes Vorbild für uns als Christinnen und Christen: Da oben leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir. Auch durch uns soll Jesus Christus durchscheinen: Wir sollen durch unser Leben, durch Wort und Tat, leuchten und Licht in die Dunkelheit der Welt bringen – „ihr seid das Licht der Welt“, heißt es im Matthäusevangelium (Mt 5,14). Vielerorts und bei vielen ist es aber Zappen duster geworden: mein Licht ist aus, ich geh nach Haus aus – Rabimmel, Rabammel, Rabum.

Düstere Zeiten vielerorts in Europa: das Licht ist aus – kein Lichtblick in „in der Zeit der Not“ (Dan 12,1), keine Hoffnungslicht, da der Glaube längst erloschen oder am Verglimmen ist. Dabei ist dieses Licht gerade jetzt so wichtig, wo ein harter Corona-Winter ansteht: Viele Menschen können nicht mehr: sie sind ausgebrannt – ihr Licht ist aus.

„Sterne werden vom Himmel fallen“ (Mk 13,25), dann leuchtet es nicht einmal mehr vom Himmel her, dann ist alles dunkel, dann ist alles aus: Mir fallen etliche Menschen ein, für die in diesem Jahr Sterne vom Himmel gefallen sind, für die sich die Sonne verfinstert hat und der Mond nicht mehr schien, deren Lebenswelt durch Krieg, Gewalt oder andere Schicksalsschläge zusammengebrochen ist, oder deren Leben durch Corona oder andere Krankheiten und Krisen erschüttert wurde.

Die Texte des heutigen Sonntags (Dan 12,1-3 und Mk 13,24-32) machen vielen Angst: Was wird sein, wenn „mein Stern untergeht“, wenn mein Lebenslicht gänzlich verloschen ist? Bleibt alles in absoluter Finsternis, oder wird da Licht sein – ein Licht, das auch mir/uns Licht schenkt, damit ich/wir „wie die Sterne [leuchte(n)] für immer und ewig?“ (Dan 12,3)

Im Danielbuch aus dem 2. Jh. v. Chr. klingt erstmals im Alten Testament die Hoffnung auf eine Auferstehung „zum ewigen Leben“ (Dan 12,2) an; aber sie ist verknüpft mit dem Tag des Gerichts und der Möglichkeit der ewigen Verdammnis (vgl. Dan 12,2). Dieses Gottesgericht ist gedacht als eine Aufrechnung meiner guten und bösen Taten, eben ob ich dem ermutigenden Zuspruch Gottes „ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5,14) gerecht geworden bin oder nicht. Immerhin kann ich – nach meinen Möglichkeiten – etwas tun: ich kann Christus das Licht durch mein Leben in die Welt bringen, ich kann wie Johannes der Täufer Zeuge für dieses Licht sein (vgl. Joh 1,7-9) und ich kann etwas bewirken wie der heilige Martin.

Dem Schreckensszenario der vom Himmel fallenden Sterne stellt Jesus das Kommen des Menschensohnes und als Bild einen grünenden Feigenbaum gegenüber (vgl. Mk 13,26.28) – dieses steht heute in der Zeit des Klimawandels, der Klimakrise, der Klimakatastrophe. Eine anbrechende Heilszeit des Wachstums und des Lebens. Es gilt die „Zeichen der Zeit“ zu sehen, zu deuten und zu handeln: kein ängstliches Erstarren vor Veränderungen, vor unvermeidbaren Umbrüchen oder Zusammenbrüchen – keine falsche Sicherheit und kein sich Ausruhen, weil doch noch etwas wächst, denn vieles ist schon verdorrt. Viele schauen weg oder wollen es nicht wahrhaben – aber die bittere Realität bleibt. Der Bettler bleibt Bettler, wenn Menschen sich wegdrehen oder achtlos vorübergehen, wenn es keine(n) wie Sankt Martin gibt. Wir können die Realität verändern! Wir können eingreifen! Wir haben es in der Hand! Wir sollen uns nicht ängstigen lassen, sondern mutig handeln! Wenn wir dafür brennen, dann können Situationen, in denen Sterne vom Himmel fallen, bei allem Schrecken und Leid durch unser Handeln und durch das Licht Jesu Christi zu Sternstunden der Menschheit werden: Da oben leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir.   Amen.