7. Sonntag im Jahreskreis


EVANGELIUM - Mt 5, 38-48

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde!

 Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: 

38 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn.

39 Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.

40 Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel.

41 Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.

42 Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab.

43 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.

44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen,

45 damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

46  Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner?

47 Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden?

48 Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

PREDIGT zum Evangelium

Lev 19,1-2.17-18 + Mt 5,38-48 

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche! 

Holz und Farbe, Gips und Gold – manchmal auch Bronze mit Ecken und Kanten, das sind Bestandteile aus denen Heiligenfiguren gemacht sind. Heiligenfiguren gehören zur Grundausstattung jeder katholischen Kir-che. Männer und Frauen, die ein heiligmäßiges Leben führten und die als Schutzpatrone und Vorbilder in unseren Kirchen: Petrus und Paulus, Heinrich und Kunigunde unsere Bistumspatrone – Antonius, Franz von Assisi, Josef, als Patrone unserer Pfarreien in der Dreifaltigkeit – die Gottesmutter Maria, mit dem Jesuskind auf dem Arm, oder als Schmer-zensmutter unterm Kreuz. Schön sind sie anzuschauen, die Heiligen, aber es ist meist ein Blick nach oben. Ein Blick, der mir sagt: ihr steht ganz schön hoch droben auf euren Podesten. Ihr steht ganz schön hoch, unerreichbar für mich. Für mich steht fest: so ein Heiliger werde ich nie. Und als Holzkopf oder Gipsfigur will ich auch nicht enden. Heiligsein und Heiligwerden können ja die anderen, die Superfrommen. 

Doch heute wurden uns die Leviten gelesen: Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig (Lev 19,2) – so lautete die Mahnung Gottes in der heutigen Lesung aus dem Buch Levitikus. Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig – das ist der zentrale Satz im Buch Levitikus. 

 Seid heilig ist die Leitperspektive und Handlungsanweisung für die Israe-liten, die Gott als sein heiliges Volk aus Ägypten befreit hatte. Diese Be-freiung, der Durchzug durchs Meer, wurde schon bald zum Sinnbild für die Taufe: der Durchgang durch das Wasser der Taufe zu neuem Leben, um als Glied des heiligen Volkes, als Christin und als Christ zu leben. Durch die Taufe hat unser Leben eine Heiligung erfahren: An unserem Leben und unserer Lebensort soll ablesbar sein, dass wir Christen sind. 

Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig. Als Menschen sind wir Gottes Ebenbild (vgl. Gen 1,27) und deshalb zu Heiligkeit berufen. Wir sind aber auch sündige Menschen, Menschen mit Fehlern und Schwä-chen, mit unseren je eigenen Macken. Aber ich habe die Freiheit, zu wählen, wie ich mein Leben gestalte, woran ich es ausrichte. Sei heilig – das meint doch: erkenne deine Würde als Kind Gottes. Der HERR, unser Gott, ist der Garant dieser Würde: Gott ist in Jesus Christus Mensch ge-worden: ein Mensch wie wir, in allem uns gleich außer der Sünde. 

 Sei heilig, meint auch meine Mitmenschen als heilig anzusehen – zu se-hen, dass auch sie Kinder und Ebenbilder Gottes ist. Deshalb wurden mir heute in der Lesung die Leviten gelesen: Du sollst in deinem Herzen kei-nen Hass gegen deinen Bruder tragen. […] Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Lev 19,17-18). Das meint doch: Liebe deinen Nächs-ten – er ist genauso heilig wie du. So hat die Heiligkeit aller Menschen konkrete Auswirkungen für mich: Ich soll nicht nur dem Freund gewogen und gut gesonnen zu sein, sondern auch meine Feinde lieben, wie es Jesus im Evangelium fordert: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch ver-folgen (Mt 5,44). Seid heilig (Lev 19,2) und seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist (Mt 5,48), lebt und handelt nach Gottes Weisung und vergeltet nicht Böses mit Bösem – daran ist unser Christsein ablesbar. Letztlich sind diese gelebte Heiligkeit, die Liebe zu Gott und den Menschen Maßstab für gelingendes christliches Leben – nicht scheinheilig mit einen schönen Fassade, hinter der es ganz anders aus-sieht, sondern echt heilig im Kleinen und im alltäglichen Leben. 

 Sei heilig – oft bleibe ich hinter diesem Ideal zurück. Trotzdem soll ich ein Heiliger werden im Hier und Jetzt. Gott will keine perfekten Heiligen, sondern er will mich mit meinen Fehlern und Macken, aber mit meinem Bemühen um Heiligkeit. Er will keinen abgehobenen Überflieger, keinen angestaubten Holzkopf und keine steife Gipsfigur – ein lebendiger Heili-ger soll ich sein und trotzdem menschlich bleiben: mitmenschlich. 

Alle großen Heiligen haben einmal klein angefangen. Oft genügt dazu schon ein erster kleiner Schritt der Mitmenschlichkeit: 

  • Ein freundliches Gespräch, auch wenn ich weiß, dass mein Gegenüber mich nicht unbedingt zu meinen Freunden zählt. 
  • Oder das vorurteilsfreie Hineindenken in mein Gegenüber. Seine Beweggründe muss ich ja nicht unbedingt teilen, aber ich kann so vielleicht besser verstehen, warum er oder sie so gehandelt oder das gesagt hat. 
  • Oder ein mutiges Gebet für meine Gegner; ein Gebet um Frieden in der Familie und ein gutes Klima am Arbeitsplatz und in der Kirche.

AMEN. 

© by Dieter G. Jung, Pfarradministrator

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