1. Sonntag der Fastenzeit

EVANGELIUM - Mt 4, 1-11

Jesus fastete vierzig Tage und wurde in Versuchung geführt

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus

In jener Zeit

wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden.

Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger.

Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird.

Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.

Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel

6 und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.

7 Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.

8 Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht

9 und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.

10 Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.

11 Darauf ließ der Teufel von ihm ab, und es kamen Engel und dienten ihm.

PREDIGT - Hirtenbrief von Erzbischof Dr. Ludwig Schick

Röm 5,12.17-19 + Mt 4,1-11

 Liebe Schwestern und Brüder! 

„Gnade und Friede sei mit euch“, so lautet das Jahresmotto im Erzbistum Bamberg. Die Fastenzeit, die wir am Aschermittwoch begonnen haben, kann uns helfen, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus neu wahrzu-nehmen und daraus Frieden zu finden. 

Gnade kann man übersetzen mit „gütige Zuneigung Gottes zu den Men-schen“. Das ist auf einzigartige und unüberholbare Weise in Betlehem ge-schehen, als Gott in Jesus Mensch wurde. Dabei verkündeten der Engel und ein großes himmlisches Heer: „Friede den Menschen auf Erden“ (Lk 2,14). Seitdem ist Gott unter uns im Heiligen Geist und wendet sich uns zu: beim Lesen der Bibel, in der Feier der Sakramente, wenn wir beten und Gottes-dienste feiern, [wenn wir] den Armen und Hilfsbedürftigen beistehen. 

Jesus Christus ist unser Friede! Der Friede ist ein hohes Gut. Daran erin-nern wir uns in diesem Jahr beim Gedenken an das Ende des schrecklichen Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren. In Deutschland und Westeuropa ha-ben wir seitdem Frieden. Dafür sind wir dankbar. Wir wissen aber, dass auch derzeit viele tausende und abertausende Menschen in Regionen le-ben, wo es Krieg gibt und Konflikte das tägliche Leben beeinträchtigen. Ich denke dabei besonders an Syrien, den Jemen, den Irak und den Sudan. Das muss uns beunruhigen und anspornen, für den Frieden zu wirken. 

Unsere weltkirchlichen Werke, allen voran MISEREOR, haben als Jahrest-hema gewählt: „Frieden leben“. Damit wollen sie vor allem auf die Men-schen hinweisen, die unter Krieg und Terror, Flucht und Vertreibung lei-den. Sie fordern auf, alles zu tun, damit überall Friede wird. 

Wie wichtig und zugleich gefährdet der Friede auch bei uns ist, wurde erst kürzlich wieder schmerzlich durch die feigen Anschläge in Kassel, Halle und Hanau deutlich. Solchen Untaten geht immer Unfriede im Denken und Reden voraus. Daher ist es bedeutsam und erforderlich, dass jede und jeder klar und eindeutig Position bezieht gegen alle Formen von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, sei es im direkten Gespräch, sei es in den sozialen Medien oder im öffentlichen Leben. Je-der von uns kann im Alltag einen Beitrag zum Frieden leisten, indem er Frieden wünscht, Frieden hält, um den Frieden in der ganzen Welt betet und sich für Frieden mit allen seinen Möglichkeiten in der Politik und in der Zivilgesellschaft einsetzt. 

Kirche soll Ort des Friedens und Werkzeug des Friedens sein. Friede be-steht nicht darin, dass wir allen Problemen ausweichen oder sie unter den Teppich kehren. Friede besteht darin, Gerechtigkeit für alle anzustreben und darum zu ringen. Papst Paul VI. hat den Satz geprägt: „Gerechtigkeit ist ein anderes Wort für Friede“. Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frie-den. Gerechtigkeit bedeutet: Jedem das zukommen zu lassen, was er zum Leben braucht und was ihm ermöglicht, die Fülle des Lebens zu errei-chen. Das sind: Anerkennung seiner Würde und Rechte, Respekt und Achtung, Bildung, Sicherheit, Arbeit und Freizeit, gute Versorgung und Pflege in Krankheit und im Alter. 

In einer globalen Welt muss globale Gerechtigkeit angestrebt werden. Das bedeutet, dass die Naturgüter und Bodenschätze, Land und Wasser gerecht verteilt und geschützt werden, sodass alle Menschen heute und die zukünftigen Generationen ein gutes und zufriedenes Leben führen können. Das ist möglich! Dafür bedarf es untereinander der Dialoge und Diskussionen, der Konferenzen und Organisationen sowie einer Politik, die nicht populistisch und nationalistisch, sondern international und glo-bal denkt und handelt. Sie sollen dem gerechten und guten Miteinander dienen, letztlich dem Gemeinwohl aller auf der ganzen Welt. Dabei hat die katholische – weltumspannende – Kirche einen wichtigen Auftrag. Sie fordert die Menschenwürde und die allgemein geltenden Menschen-rechte für alle ein und setzt sich weltweit für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, durch Überwindung von Hunger und Krank-heit, Armut und Ungleichheit ein. 

Auch in unserem Erzbistum soll Kirche Ort des Friedens und Werkzeug des Friedens sein. Wir haben im vorigen Jahr die 35 Seelsorgebereiche gebildet, damit wir Kirche vor Ort bleiben, auch bei veränderten Voraus-setzungen in der Gesellschaft, bei weniger Personal und Finanzen. Die neuen Strukturen sollen ermöglichen, dass die kirchlichen Aufgaben – Verkündigung der Frohen Botschaft, die Gottesdienste und die Caritas – auch in Zukunft erhalten bleiben. Wir wollen hier bei uns wie weltweit die Gnade Gottes und seinen Frieden erfahren und erfahrbar machen. Wir haben im Gespräch mit vielen im ganzen Erzbistum unsere Seelsor-gebereiche bilden können. Dafür bin ich sehr dankbar. Für die Zukunft ist das gute Miteinander, die gegenseitige Akzeptanz, der Ausgleich der Interessen wichtig, damit in den Seelsorgebereichen – und das heißt im-mer in der Kirche vor Ort – erfahren wird: Der auferstandene Herr ist gegenwärtig und wirksam. Er will uns begegnen, so wie den Jüngerinnen und Jüngern am Ostertag. Er ruft uns zu: „Der Friede sei mit euch!“ 

Ich bitte Sie, liebe Schwestern und Brüder, die neuen Strukturen nicht als notwendige Last nur hinzunehmen, sondern als Chance zu begreifen, das kirchliche Leben aus dem Evangelium zu erneuern und weiter zu entwi-ckeln für die Zukunft. In der nächsten Zeit wird es darum gehen, für die Seelsorgebereiche passende Pastoralkonzepte zu entwickeln, damit wie-der mehr Menschen als bisher mit der einzigartigen Botschaft des Herrn in Berührung kommen. Kirche darf sich nicht aus der Gesellschaft zurückziehen, sondern muss unter den heutigen Gegebenheiten alles versuchen, um möglichst alle zu erreichen. Die Menschen heute brauchen in den gegenwärtigen Unsicherheiten und Anfechtungen ein festes Funda-ment, um Taten des Friedens und der Versöhnung zu setzen. Die persön-liche Beziehung und Verbindung zu Jesus Christus und durch ihn zum Vater im Heiligen Geist sind dabei die Basis von allem. Er spricht uns zu Herzen: „Gnade und Friede sei mit euch!“ 

Ja, Gott neigt sich uns in Jesus Christus immer neu gnädig zu. Er schenkt uns Frieden im eigenen Herzen, Frieden in den Familien, in den Werkstätten, in den Vereinen, in den Gemeinden und Seelsorgebereichen. Wo es wirklich um IHN geht, um sein Wort und sein Leben, dort wird Gerech-tigkeit geübt, dort breitet sich der Friede aus in den Herzen und in den Be-ziehungen, dort werden Frau und Mann zu Akteuren für den Frieden weltweit. Wirken Sie in den Seelsorgebereichen als Leitende Pfarrer, als Priester und Diakone, Seelsorgerinnen und Seelsorger, als Mitglieder in den Pfarrgemeinde- und Seelsorgebereichsräten sowie in den Kirchenverwaltungen und als Ehrenamtliche in den vielen Bereichen der Kirche in der Haltung und Gesinnung Jesu bei den verschiedenen Aufgaben mit. 

Danke und Vergelt´s Gott für Ihr tägliches Wirken und Mühen im Dienst der Kirche in unserem Erzbistum! 

„Gnade und Friede sei mit euch und allen Menschen nah und fern!“ Das ist mein Wunsch für Sie und Euch alle. 

Mit herzlichen Grüßen segne Euch für eine fruchtbare Fastenzeit

der gute Gott + der Vater und + der Sohn und + der Heilige Geist. 

Euer Erzbischof 

Dr. Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg 

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