EVANGELIUM - Mt, 17, 1-9
Er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit
1 nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.
2 Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.
3 Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus.
4 Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
5 Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
6 Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden.
7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst!
8 Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus.
9 Während sie den Berg hinab stiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.
PREDIGT - zum Evangelium
2 Tim 1, 8-10 + Mt 17, 1-9
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß – dieser erfolgreichste Hit des Jah-res 1966 – Roy Black hat in damals gesungen – ist noch immer prägend für die Vorstellung einer Hochzeit. Ich kenne dieses „ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß“ von alten Fotographien meiner verstorbenen Großeltern, vom Hochzeitsfoto meiner Eltern und ich habe es selbst als Gast auf verschiedenen Hochzeiten so erlebt: Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß, die Braut, der Bräutigam im schwarzen Anzug auf der Hochzeit – eine Hoch-Zeit, herausgehoben aus dem Tief des Alltags: die festliche Kleidung, die strahlenden Gesichter, ein Fest mit wichtigen, ausgewählten Menschen – Hoch-Zeit: Worte und Augenblicke, die schnell vorüber sind und in den grauen Ehealltag übergehen. Hoch-Zeit: Worte und Augenblicke, die viele am liebsten festgehalten hätten und auf die sie jetzt verklärt zurückblicken. Wir haben Fotos, die diese Ereignisse im Familienleben festhalten und oft stecken wir sie in einen goldenen Rahmen, weil sie uns wertvoll sind.
Wenn man die Zeit doch anhalten könnte…
Auch Petrus hegt im heutigen Sonntagsevangelium diesen Wunsch, die Zeit anzuhalten, um eben ein besonderes Geschehen festzuhalten. Für ihn war es der Höhepunkt seines Weges mit Jesus, ein echtes Gipfelerlebnis in seinem Leben, eine Hoch-Zeit: Jesus führt Petrus zusammen mit anderen Jüngern auf einen hohen Berg. Dort wurde Jesus „vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht“ (Mt 17,2). So hatte Petrus den Jesus noch nie gesehen: Er kannte ihn nur aus dem grauen Alltag: einen Menschen namens Jesus, gehüllt in Alltagsgrau – doch jetzt sieht Petrus ihn in einem ganz anderen Licht, in österlichen Licht, strahlend weiß. Mitten in die Schatten des grauen Alltags bricht dieses österliche Licht ein. Es macht den Blick frei auf das, was kommen wird, was am Ende des langen Weges nach Jerusalem steht – nicht Kreuzigung, Tod und Grab, sondern das Licht der Ostersonne, das Licht des auferstandenen Christus.
Zu Jesus gesellen sich Mose und Elija, bedeutende Heils- und Lichtgestalten des Alten Testaments. Diesen leuchtenden Augenblick der österlichen Vorausschau will Petrus festhalten – für immer. Deshalb sagt er zu Jesus: „Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija“ (Mt 17,4). Petrus will alles Menschenmögliche tun, um diesen einen golden funkelnden Augenblick und diesen wertvollen Lichtblick dauerhaft zu halten: Da es noch keine Fotos und Selfies gab, würde er dafür sogar schweres Baumaterial auf den hohen Berg hinaufschleppen, wenn er dadurch nur diese Hoch-Zeit festhalten und die drei Lichtgestalten des Glaubens in drei Hütten wie ihn einem goldenen Rahmen dingfest machen könnten.
Jesus antwortet nicht auf die Bauanfrage des Petrus. Stattdessen bezeugt eine Stimme aus einer leuchtenden Wolke Jesus als Gottessohn. „Auf ihn sollt ihr hören!“ (Mt 17,5). Aus der Traum vom Festhalten des Augenblicks; aus und vorbei der österliche Lichtblick. Die Jünger niedergeschlagen, wie gelähmt, versteinert und reglos. Jesus löst ihre Niedergeschlagenheit und Erstarrung. Er spricht den Jüngern Mut zu: „Steht auf und fürchtet euch nicht“ (Mt 17,7) – das ist das Aufbruchssignal für den Abstieg hinunter in den Alltag: Von der Hoch-Zeit und vom Höhepunkt hinab in die Tiefen und Tiefpunkte menschlichen Lebens. Fürchtet euch nicht, ich, Jesus, bin mit euch auf dem Weg. Fürchtet euch nicht, ich bleibe nicht als Lichtgestalt auf dem Berg. Fürchtet euch nicht, ich gehe mit euch in den Alltag und die Niederungen des Lebens.
Fürchtet euch nicht das ist die Zusage Gottes an uns alle: Ich, Jesus, gehe mit euch auf euren Lebensweg.
Ich bin bei euch in den goldenen Zeiten, den Hoch-Zeiten des Lebens – und ich bin bei euch in allen dunklen Zeiten, den Tiefpunkten und Krisenzeiten des Lebens. Gott ruft uns zu: Fürchtet euch nicht, wenn ihr mich auch nicht seht – das ist nur wenigen vorbehalten und nur an Hoch-Zeiten möglich. Aber ihr könnt spüren, dass ich da bin, wenn Menschen miteinander Wege gehen, wenn sie miteinander die Fragen ihres Lebens teilen, wenn sie einander Liebe und Licht schenken und wenn sie in guten und bösen Tagen füreinander da sind. Ja, ich bin selbst dann da, wenn niemand mehr für euch da ist. Fürchtet euch nicht!
© by Dieter G. Jung, Pfarradministrator
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