PREDIGT - 1. Advents-Sonntag im LJ C

Jer 33,14-16 + Lk 21,25-28.34-36

 

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!

 

Anders als erwartet – eine Botschaft, die mich stört und ärgert.

Anders als erwartet und geplant – oft verläuft mein Leben so.

Anders als erwartet und gewohnt  gehen wir in den Advent und auf Weihnachten zu: Weihnachtsmärkte mit Verkaufsbuden sind in diesem Jahr geschlossen – auch Advents- und Weihnachtsfeiern stehen auf der Kippe.

Anders als erwartet und erhofft – das heutige Evangelium ist auch nicht von heimeliger Adventsstimmung geprägt – aber es passt in unsere Zeit: „Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden“ (Lk 21,26). Das Evangelium lenkt meinen Blick hin zu den Unsicherheiten, Corona-Ängsten und Erschütterungen unserer Tage, auch zu den Krisen- und Kriegsgebieten der Erde. Viele wollen und können sie nicht (mehr) sehen; ihnen kämen die Ablenkungen des Advents sehr recht. Aber Jesus mahnt mich, meinen Kopf nicht im Kaufrausch und der Trunkenheit dieser Tage zu ertränken – Er ermutigt mich vielmehr, meinen Kopf nicht sorgenvoll oder ängstlich in den Sand zu stecken.

Anderes als erwartet macht Jesus mir Mut, nüchtern, besonnen und wachsam zu sein. Jesus will, dass ich erhobenen Hauptes durch diese besondere Adventszeit gehe – ihm und seiner Ankunft entgegen. Auf Ihn, den Menschensohn, auf meinen Erlöser soll ich mich ausrichten, auf Ihn warten. Aber Warten braucht Zeit: Wer wartet heute schon noch gern? Warten können – eine Haltung, die ich im Advent einüben kann.

Liebe Schwestern und Brüder,

worauf warten Sie eigentlich? Was und wen erwarten Sie im Advent?

Ich kann Ihnen da keine Antwort geben – das können nur Sie selbst:

Worauf warten Sie eigentlich? Was und wen erwarten Sie im Advent?

 

kurze Stille zum Nachdenken

 

Anders als erwartet: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt (Lk 2,12).

Habe ich das erwartet? Stillt das Kind in der Krippe meine Erwartung im Advent? Oder habe ich meinen Kopf und meine Gedanken ganz woanders? Anders als erwartet geht der Weg durch den Advent hin zum Kind in der Krippe, zum Mensch gewordenen Gott. Diesen Adventsweg, diesen Weg der Ankunft, haben wir Gott zu verdanken: Gott kommt bei uns an – anders als erwartet – und wir können bei Gott ankommen, wie die Hirten an der Krippe. Der Evangelist Lukas hat diesen Adventsweg aufgeschrieben, wie auch die anderen Evangelientexte, die wir in diesem Kirchenjahr hören. Seine Theologie, seine Rede von Gott, prägt dieses neue Kirchenjahr. Lukas ist der Evangelist der Begegnung mit Gott – anders als erwartet.

In immer neuen Bildern und Gleichnissen zeigt Lukas Gottes Sympathie und Solidarität mit den Benachteiligten, Hilfsbedürftigen und Unterdrückten. Jesus Christus steht als Heiland der Armen, Zöllner und Sünder auf ihrer Seite – seine Geburt im ärmlichen Stall zeigt das deutlich. Gott will die Welt durch Jesus Christus und seine Botschaft umleiten, sie zum Positiven verändern und gerechter machen: Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen. (Lk 1,52-53).

Das Lukasevangelium leitet meinen Blick – anders als erwartet – weg von der heilen Welt hin zu den Scherbenvierteln, zu den sozial Schwachen und gesellschaftlich Ausgegrenzten, hin zu den Flüchtlingen und Notleidenden unserer Tage. Lukas erzählt von diesem mich und meinen Erwartungshorizont immer wieder in Frage stellenden Gott. Er lädt mich ein, mein Leben zu überdenken, auch an andere zu denken und so Gott in meinem Leben zu begegnen: der barmherzige Samariter (Lk 10,30-35) – der verlorene Sohn und der barmherzige Vater (Lk 15,11-32) – der reumütige Schächer am Kreuz, dem Jesus vergibt und verspricht: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein (Lk 23,43), sind Beispiele dafür.

Anders als erwartet – darum geht es: Geben wir dem Wirken Gottes in unserem Leben und in dieser Krise eine Chance. Wagen wir erhobenen Hauptes den Perspektivwechsel – im Advent und im Lesejahr des Lukas: Gott und die Menschen im Blick, erwartungsvoll und voller Hoffnung.  

Amen.